Start-Up gründen ist nicht schwer… Zweiter Teil

Dies ist die Geschichte der Gründung meiner „Ein-Personen-GmbH“ in zwei Teilen. Der erste Teil erschien am 17.1.2019 und ist hier zu finden.

8. Behörden – Steuern, MWST, AHV: 2 Wochen nach Gründung, resp. AHV 10 Wochen nach Gründen
Zum Glück hat das Gründungszentrum die Adresse bei der Post angemeldet. Selbst hätte ich nicht gewusst wie (habe im Internet zumindest nichts gefunden). Der Kleber am Briefkasten ist montiert. Die ersten Briefe treffen ein.

Die Steuerverwaltung will wissen, ob ich steuerpflichtig bin in Bern. Klar, ich habe ja die GmbH gegründet. Trotzdem Formular ausfüllen und einschicken.

Dasselbe bei der Mehrwertsteuer. Muss die Abrechnungsarten (vereinbart/vereinnahmt sowie pauschal/effektiv) bestimmen. Wichtige Entscheide, zum Glück weiss ich noch was sie bedeuten aus der Uni-Zeit. Somit kein Problem. Super-Onlineprozess. Nach wenigen Stunden erhalte ich die Bestätigung und die MWST-Nummer. Ich kann Rechnungen schreiben und verschicken!

Der AHV muss ich meine Angestellten melden (also mich selber), plus Unfallversicherung und BVG. Ich verschiebe die Meldung, letztere beide Punkte sind noch völlig offen. Mache die Meldung letztlich 10 Wochen nach der Gründung.

9. Buchhaltung: 4 Wochen nach Gründung
Ich kenne mich einigermassen aus, will das selbst machen. Ohne Treuhänder. Brauche ein Tool in der Cloud. Entscheide mich für www.bexio.ch, ist Partner «meiner» Gründungsplattform IFJ. Klara wäre auch eine Option, habe ich aber erst später kennengelernt. Bexio kostet etwas über 100 Franken im ersten Jahr, ist ok. Erhalte persönliche Online-Einführung von knapp einer Stunde. Schätze ich sehr. Kann einige Fragen direkt klären, spart Zeit. Setup funktioniert soweit. Ärgerlich, dass ich für die Verknüpfung mit dem Konto bei PostFinance eine Freigabe telefonisch beantragen muss. Das muss online gehen. Aber es wird schnell erledigt. Ich kann buchen!

Im «Betrieb» geht es ganz flott. Ich brauche meine Buchhaltungskenntnisse (ohne wäre ich verloren). Kämpfe noch ein wenig mit der MWST. Und ein CRM ist es nicht (habe bislang noch kein passendes CRM-Tool gefunden – Hinweise willkommen – OneNote muss vorerst reichen). Bin zufrieden mit dem Tool, insbesondere der Prozess Offerte-Auftrag-Rechnung ist «smooth».

10. Visitenkarten: 6 Wochen nach Gründung
Es ist eigenartig. Bin eigentlich «voll digital» unterwegs. Aber Visitenkarten müssen sein. Schiebe es vor mich her. Nach dem gefühlten hundertsten «ig ha leider no kes chärtli» gebe ich mir einen Ruck. 2-3 Stunden Vor- und Rückseite «designen» im Powerpoint, als PDF speichern. Die nötige Auflösung kriege ich hin.

Wo drucken? Die Preisunterschiede sind enorm – 500 Visitenkarten für unter 50 Franken im Internet oder für gegen 500 Franken in der Druckerei in der Stadt. Entscheide mich für www.druckeinfach.ch, eine Druckerei in der Region. Lade Files elektronisch hoch, erhalte ein virtuelles «gut zum Druck», kann korrigieren. Paket trifft wenige Tage später ein, Topqualität, bin sehr zufrieden. Habe neben den Visitenkarten auch «Postkarten» bestellt. Zusammen etwas über 300 Franken. Ist ok. Marketingmittel (Website, Visitenkarten, Karten zum schreiben) sind komplett!

11. Büro: 8 Wochen nach Gründung, resp. möbliert bis 11 Wochen nach Gründung
Zuhause arbeiten war ok während der ersten Wochen, aber auf die Dauer geht es nicht. Will Arbeitsort von Wohnort trennen. Schaue mir Co-Working Spaces an. Ist super für temporär, aber nicht für dauerhaft. Miete einen Raum in einem Gebäude, in dem viele andere kleinere Firmen untergebracht sind. Kann Meetings abhalten, allein arbeiten oder mit anderen Menschen kommunizieren. Die Mischung ist ideal.

Jetzt brauche ich Mobiliar, der Raum will gefüllt sein. Werde bei Ikea nicht fündig, neue Qualitätsbüromöbel sind zu teuer. Entscheide mich für Qualität (USM), aber Second Hand. Innert 3 Wochen werde ich fündig auf verschiedenen Plattformen. Ich fühle mich «heimisch» – vgl. das Bild im Header!

12. Versicherungen: 8 Wochen nach Gründung
Hier brauche ich eine physische Beratung, das Thema ist mir zu komplex. Ich kenne mich nicht so aus. Finde online keine hilfreiche Unterstützung. Vereinbare Termine mit zwei Versicherungen. Schliesse bei www.mobiliar.ch ab. Preise waren ähnlich zur Konkurrenz, Beratung fand ich persönlicher und engagierter, das gab den Ausschlag. Habe drei Versicherungen: Betriebs-, Krankentaggeld- und Unfallversicherung. Dies reicht, fühle mich gut versichert, nicht zu viel, nicht zu wenig.

13. Pensionskasse: 10 Wochen nach Gründung
Der letzte Entscheid steht an. Und zugleich der Wichtigste, zumindest finanziell. Welcher Pensionskasse schliesse ich mich an? Bin schon seit Wochen dran. Es gibt keine «straight forward» Entscheidkriterien. Die langfristige Stabilität ist zentral – Indikatoren sind Deckungsgrad, technischer Zinssatz, Rentneranteil. Dann die Performance – Anlagerendite, Verzinsung. Und natürlich die Kosten sowie die Leistungen. www.pensionskassenvergleich.ch hilft mir bei der Vorauswahl.

Hole drei Offerten ein. Neu für mich ist, dass Spielraum besteht beim Sparanteil sowie bei den Risikoversicherungen (IV und Tod). Das ist gut und erlaubt ein bedürfnisgerechtes Lösungsdesign. Kannte ich so nicht aus der «Angestelltenzeit». Entscheid fällt für www.asga.ch. Nicht zuletzt, weil ich eine Empfehlung eines Unternehmers erhielt. Schliesse die Auswahl ab mit dem Gefühl, dass dieser Markt nicht sehr transparent ist.

14. Start-Up gründen ist nicht schwer…
Die Gründungsarbeiten haben mich 16 Wochen beschäftigt. Nicht Fulltime, manchmal eine Woche gar nicht. Trotzdem war es eine lange Phase mit vielen investierten Stunden. Die Schwierigkeit liegt darin, dass alles neu ist – nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Abfolge der Gründungsschritte.

Es gibt viele Websites, welche den Anspruch haben Gründungen zu unterstützen. Aber (wie meistens, das ist in anderen Märkten nicht anders…) decken sie nur Teile der Bedürfnisse ab. Ich habe kein einziges Angebot gesehen, welches mich durch den gesamten Prozess begleitet, mir Sicherheit gibt und mich unterstützt. Es ist komplex, aber über 40’000 Geschäftsfälle pro Jahr sind ein spannender Markt für eine umfassende Gründungsplattform. Tausende künftige Gründerinnen und Gründer würden es danken.

Ich bin froh, dass ich «durch» bin, um viele Erfahrungen reicher.  Bei der nächsten Gründung wird das wesentlich schneller und effizienter gehen. Aber alles zu seiner Zeit. Jetzt ruft einmal das Consulting-Business!

2 Kommentare zu „Start-Up gründen ist nicht schwer… Zweiter Teil“

  1. Vielen vielen Dank für die Reihe zum Gründen eines Unternehmens. Ich beschäftige mich derzeit ebenso mit dem Gedanken mein erstes Start-Up zu gründen. Das Eintreffen der Briefe werde ich in Rücksprache mit dem Gründungszentrum sicherstellen. Vielen Dank!

  2. Vielen Dank für diesen Einblick in die Gründung eines Start-ups. Interessant, dass du für die Buchhaltung selbst verantwortlich bist, da dies ja schon sehr umfangreich ist. Ich würde bei meiner Gründung sicherlich auf die Expertise eines Experten für Finanzbuchhaltung zurückgreifen.

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